20 Dos and Don'ts in der Schweiz

20 Dos and Don’ts in der Schweiz

Im Juni jährt sich unser Umzug in die Schweiz zum zweiten Mal. Zeit, Bilanz zu ziehen. Wir bekommen nämlich immer öfter Besuch aus der alten Heimat und stellen fest, dass unsere Gäste ganz gern mal über Dinge stolpern, die für uns längst Alltag geworden sind. Die folgenden 20 Dos and Don’ts helfen dir dabei, die schweizerische Kultur und Etikette besser kennenzulernen und deine Reise zu einem angenehmen, unvergesslichen Erlebnis zu machen.

1. Do: Sage freundlich »Grüezi«

Höflichkeit ist in der Schweiz oberstes Gebot. Nach über 20 Jahren in München war das für mich fast ein Kulturschock. Hier grüßen die Menschen einander, wenn sie sich begegnen – beim Betreten eines Geschäfts, in den Gängen zwischen den Warenregalen und an der Kasse, aber auch auf der Straße, im Zug oder auf dem Parkplatz. Beim Wandern sowieso, aber das versteht sich hoffentlich von selbst und ist international gern gesehen, nicht nur in der Schweiz.

Bei der ersten Begegnung gaben sich auch vollkommen Fremde früher artig die Hand und schauten sich in die Augen. Das ist zum Glück mit der Pandemie aus der Mode gekommen. (Ich fand das schon immer ausgesprochen unangenehm und unhygienisch: Wer weiß denn, wo mein Gegenüber gerade noch seine Finger hatte?) Von mir gibt es daher auch geimpft keinen obligatorischen Handschlag. Das mache ich aber mit einem strahlenden Lächeln wieder wett.

Im französischsprachigen Teil der Schweiz sind drei abwechselnde Luftküsse auf die Wangen üblich, sobald du jemanden ein wenig näher kennst. Das finde ich sehr charmant und kenne die Luftküsserei bereits aus meiner Zeit in Frankreich.

2. Don’t: Gehe nicht davon aus, dass jeder in der Schweiz dich versteht

In der Schweiz gibt es vier Sprachregionen: die deutsche, die französische, die italienische und die rätoromanische Schweiz. Und obwohl alle Schweizer Kinder in der Schule mindestens eine zusätzliche nationale Sprache lernen, bedeutet dies nicht automatisch, dass diese auch perfekt beherrscht oder gar gern (!) gesprochen wird. Im Gegenteil: Hier bei uns in der Ostschweiz erleben wir es sehr, sehr oft, dass die Menschen sich unwohl fühlen, wenn sie »Schriftdeutsch« sprechen sollen. Das erinnert sie scheinbar an einen gewissen Zwang in der Schule oder klingt in ihren Ohren »komisch«.

Aktuell sind die Anteile der Landessprachen Deutsch, Italienisch und Rätoromanisch rückläufig, während die Anteile der Landessprache Französisch und der Nichtlandessprachen zulegen. Die beiden am häufigsten gesprochenen Nichtlandessprachen sind übrigens Englisch und Portugiesisch. Weitere in der Schweiz häufig gesprochene Sprachen sind Spanisch, Serbisch, Kroatisch und Albanisch. Du siehst: Die Schweiz ist ein beliebtes Zuwandererland.

Die Mehrsprachigkeit ist sogar im Sprachengesetz verankert. Vielleicht auch deshalb ist eine gewisse Mehrsprachigkeit ein wesentlicher Aspekt der Schweizer Identität. Dennoch darfst du nicht voraussetzen, dass du verstanden wirst oder die Menschen für dich in deine Muttersprache wechseln. Vor allem in der Deutschschweiz wirst du es erleben, dass dein Gegenüber lieber drei Mal im ortsüblichen Dialekt wiederholt, was er oder sie gesagt hat, bevor für dich ins Schriftdeutsche gewechselt wird. Da musst du einfach lächelnd hindurch, schließlich bist du Gast im Lande und solltest dich anpassen.

Gut zu wissen Schweizerdeutsch ist ein Gemisch alemannischer Dialekte. Diese variieren von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt. In Zürich tönt es ganz anders als in Bern oder Basel. Es ist gar nicht so einfach, sich da »hineinzufühlen«. Und auch das Schriftdeutsch weicht massiv von dem ab, was in Deutschland zur Schule gegangene Menschen als Hochdeutsch kennen. Gönne dir einfach mal einen Blick in eine der größeren Schweizer Tageszeitungen, dann siehst du, was ich meine!

Hineinschnuppern in die schweizerdeutsche Sprachwelt

Meine Lesetipps, gelistet nach Auflagenstärke und unabhängig vom journalistischen Gehalt:

3. Do: Wähle das passende Wort zur Begrüßung

Eingangs habe ich dir schon verraten, dass ein freundliches »Grüezi« immer gut ankommt. Aber das bitte weder mit einem kurzen »Ü« (»Grüzzi«) noch mit einem langen »Ü« (»Grüüüzi«), sondern eher mit einem sanften, vollmundigen »E« – also einfach »Grüezi«. Ehrlich, das ist weniger zungenbrecherisch, als du denkst. Einfach mal ausprobieren und darauf einlassen!

Unterstützung bekommst du im Grüezi-Grundkurs von Deville.

Wer »Guten Tag« wünscht, identifiziert sich sofort als Tourist aus deutschen Landen und tritt damit womöglich schnell ins Fettnäpfchen. Noch schlimmer wird es, wenn du während einer beruflichen Zusammenkunft zum kumpeligen »Hoi« oder »Sali« greifst. Das ist ausschließlich guten Bekannten und Freunden vorbehalten, mit denen du per Du bist.

Und wer das nicht hinbekommt, sollte es vielleicht dann doch lieber bei einem deutsch-deutschen »Guten Tag« belassen …

4. Don’t: Sprich in der Öffentlichkeit nicht (zu) laut

Die Schweizer sind nicht nur höflich, sondern lieben auch ihre Ruhe. Vor allem in der Öffentlichkeit. Gespräche im Freien finden in einem leiseren Ton statt als in anderen europäischen Ländern. Das macht das Leben in einer Schweizer Nachbarschaft überaus angenehm. Als Tourist, insbesondere als deutscher Tourist, solltest du dich diesem Verhalten anpassen, um nicht unangenehm aufzufallen.

Das gilt natürlich auch und erst recht in Restaurants. Und ist in meinen Augen so wichtig, dass es fast schon einen eigenen Punkt wert wäre. Aber wir wollen es ja bei 20 Punkten belassen, oder? Also: Versuche bitte auch in Gruppen, den Geräuschpegel einigermaßen gedämpft zu halten. Feuchtfröhliches Rumgrölen gehört, wenn überhaupt, in die Bierzelte auf der Wiesn. Die Münchner sind Kummer gewohnt … Und quer durch den Raum nach der Kellnerin zu brüllen, ist überall schlechtes Benehmen. Verkneife dir bitte also Rufe à la »Ober, zahlen!« quer durch den Raum.

Überhaupt wird das »normale« deutsche Auftreten von vielen Schweizern als »laut« empfunden. Nicht nur aufgrund der schieren Lautstärke an sich, sondern auch wegen unserer direkten Art, immer gleich zur Sache zu kommen. Sich hier anzupassen, kann anstrengend, ja geradezu enervierend sein. Aber es ist der Mühe wert. 

5. Do: Sage immer (!) »Danke« und »Bitte« – gern auch öfter

Wie schon erwähnt, legen die Schweizer sehr viel Wert auf höfliche Manieren. Dazu gehört auch, dass du »Danke« und »Bitte« sagst. Eigentlich unfassbar, dass ich dies überhaupt erwähnen muss. Leider scheint diese Form der Höflichkeit aus unserem deutschen Alltag immer mehr zu verschwinden und so belassen es nicht wenige deutsche Touristen nur bei einem angedeuteten Kopfnicken. Das kommt nicht gut an. Umso weniger, als es hierzulande durchaus üblich ist, beim Einkaufen im Lädeli »Danke«, »Bitte« und andere Höflichkeitsformeln drei Mal und öfter zu wiederholen. Letzteres stößt allerdings selbst einigen Schweizern auf. Denn wann ist genug genug?

Die Hypegenossen Zukkihund und Javier Garcia von SRF Comedy haben dazu ein amüsantes Video gedreht. Denn nur, wer die antike Kunst der Höflichkeit beherrscht, überlebt einen Gipfelikauf ohne bleibende Schäden:

Täglich grüsst das Floskeltier

6. Don’t: Telefoniere nicht in der Öffentlichkeit

Lautes Telefonieren in der Öffentlichkeit ist in der Schweiz nicht sehr beliebt. Als Markus, damals noch für EMS, zum ersten Mal seinen Fuß auf Schweizer Boden setzte, war er vollkommen fasziniert davon, dass niemand, aber auch wirklich niemand, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder an öffentlichen Plätzen per Telefon sein Privatleben mit der Welt teilte.

Für mich ein wahr gewordener Traum. Inzwischen liegt diese Erfahrung aber schon einige Jahre zurück. Und obwohl lauthals geführte Telefongespräche in der Öffentlichkeit von Zug, Tram und Bus bei alteingesessenen Schweizern (und mir) immer noch verpönt sind, reißt diese Unsitte hierzulande immer mehr ein. Schade eigentlich. Meine Vermutung: Die »telefonierenden Missetäter« sind Schweizer Neubürger oder Jugendliche, die ja bekanntlich fast nicht mehr atmen können, wenn sie ihr Handy auch nur für eine Minuten aus der Hand legen müssen.

7. Do: Sei pünktlich

Die Schweizer sind so pünktlich wie das sprichwörtliche Schweizer Uhrwerk. Besonders in der Arbeitswelt wird sehr viel Wert auf Pünktlichkeit gelegt. Ich liebe das! Menschen, die einen Termin ausmachen und dann tatsächlich zur genannten Zeit am genannten Ort sind! Nicht zu früh, nicht zu spät. Nein, auf die Minute genau. Pünktlich eben – himmlisch!

Soviel Pünktlichkeit verdient in meinen Augen allerhöchsten Respekt. Soll heißen: Melde dich telefonisch, wenn du dich verspätest. Aber bitte nicht aus Zug, Tram und Bus (siehe oben), sondern warte mit dem Anruf, bis du dein Ziel erreicht hast. Kleine sprachliche Anekdote am Rande: Wenn ein Schweizer einen Anruf verspricht, sagt er nicht, »Ich rufe dich an«, sondern »Ich geb dir ein Telefon«. Gib bei Unpünktlichkeit also besser ein Telefon. Noch besser: Sei pünktlich!

8. Don’t: Trage dein Herz nicht auf der Zunge

Bist du ein sehr offener, authentischer und gradliniger Mensch? Trägst du dein Herz auf der Zunge? Kommst du womöglich gar aus dem Ruhrpott (so wie ich) oder Berlin? Dann musst du jetzt sehr stark und tapfer sein! Denn die Schweizer mögen es einfach nicht, wenn wir – als Neubürger oder Touristen – zu direkt sind. Womöglich riskiere ich bereits mit diesem Artikel Kopf und Kragen und bekomme Alpenverbot oder dergleichen …

Aber Spaß beiseite: Direktheit und Ehrlichkeit mögen in vielen europäischen Ländern die Türen öffnen, in der Schweiz tun sie es nicht. Da schlagen die Türen dann eher mit einem ordentlichen »Kawumm« zu, obwohl es doch sonst in der Schweiz so ruhig und beschaulich zugeht.

In Deutschland lernst du schon an der Uni in Rhetorikkursen für die Arbeitswelt, zügig auf den Punkt zu kommen und zu sagen, »was Sache ist«. In der Schweiz ist das unüblich. Es werden zwar Diskussionen geführt, ohne aber sofort zu einer »Ja«- oder »Nein«-Entscheidung zu kommen. Erst müssen ausführliche Gespräche stattfinden. Sehr ausführliche Gespräche. So ausführlich, dass schon so manche deutsche Geschäftsleute innerlich in die Tischkante gebissen haben …

Das ist natürlich für beide Seiten zermürbend. Denn während es für Deutsche nervenzerreißend ist, ewig um den heißen Brei herumzureden, wirkt es auf bedachtsamer agierende Schweizer oft irritierend, wenn sie einem zielbewusst formulierenden Deutschen gegenüberstehen. Hier hilft nur beiderseitiges Bemühen um einen für alle Beteiligten gesunden Mittelweg.

9. Do: Bringe immer ein Gastgeschenk mit

Gastgeschenke gelten heutzutage in vielen europäischen Ländern als altehrwürdiges Relikt vergangener Zeiten. Nicht so in der Schweiz! Wer hier eingeladen ist, kommt nicht ohne Blumenstrauß, eine Schachtel edler Pralinen – oder beidem. Grundsätzlich eine schöne Geste. Aber auch ziemlich irritierend, zumindest für mich als Schweizer Neubürgerin. Ich wusste anfangs nämlich nicht, ob ich solche scheinbar spontan erhaltenen Gaben zu Ostern oder Weihnachten erwidern soll bzw. muss. Und nein, das hat nichts mit Geiz zu tun! Aber kurz nach dem Umzug hatten für mich andere Ausgaben Priorität.

Außerdem bin ich auch einfach nicht der Typ Mensch, der 50 Franken für einen Blumenstrauß oder gar 80 Franken für eine Schachtel Pralinen auf den Kopf haut – so köstlich die Schokoladenspezialitäten von Läderach oder, in der veganen Bio-Variante, von Naturkostbar auch sind. Ich wurde zu Sparsamkeit erzogen.

Andererseits gilt natürlich: »When in Rome, do as the Romans do.« Auf helvetische Maßstäbe übertragen, solltest du daher also nicht ohne wenigstens einen hübschen Blumenstrauß an der Schwelle deiner Schweizer Gastgeber stehen, wenn du dich nicht ins soziale Aus katapultieren möchtest.

PS: Persönlich sind mir die Schoko-Bananen von Naturkostbar oder eine Staude aus der Biogärtnerei Neubauer allerdings lieber. Nur, damit du gegebenenfalls Bescheid weißt. Kicher …

10. Don’t: Stehe niemals nie nicht unangemeldet vor der Tür

Überaus angenehm finde ich, dass unangemeldete Besuche bei den Eidgenossen tabu sind. Ich mochte es nämlich noch nie, wenn Menschen einfach überraschend vor meiner Tür stehen. Zwar ist es bei mir stets aufgeräumt und sauber und auch sonst habe ich nichts zu verbergen. Bei mir gibt es weder Leichen im Keller noch Zombies in der Waschküche. Aber mein Alltag folgt einer mir selbst vorgegebenen Struktur. Ich lasse mir dabei bewusst Raum für Spontanität. Um beispielsweise mitten unter der Woche Waffeln zu backen, ein Schaumbad am hellichten Tag zu nehmen oder den Garten umzugraben.

Unvorhergesehener Besuch stört da nur.

Selbst, wenn du mich vorher anrufst und sagst: »Ich bin gerade in der Nähe und komme mal kurz vorbei«, musst du mit einem angesäuerten Gesicht rechnen. Denn 1. verbietet es mir die Höflichkeit, dir diesen Wunsch abzuschlagen und 2. kann ich so etwas einfach nicht leiden. Ich bin die Herrin meiner Zeit, nicht du! Und so spricht mir jeder Schweizer aus dem Herzen, der solche unangemeldeten Besuche ebenfalls ablehnt.

11. Do: Ziehe deine Schuhe aus

Ganz gleich, ob deine Gastgeber bei der Putzfee in die Lehre gegangen sind oder ob es bei ihnen aussieht wie bei Hempels unter dem Sofa: Ziehe bitte deine Schuhe aus, sobald du das Haus oder die Wohnung eines Schweizers betrittst. Das wird einfach von dir erwartet, es sei denn, dein Gastgeber weist dich beim Überschreiten seiner Schwelle darauf hin, dass du die Schuhe getrost anbehalten darfst.

Da ich daheim grundsätzlich barfuß laufe, finde ich diesen Zug an den Schweizern sehr sympathisch. Ich möchte auch keinen Straßendreck im Haus haben.

12. Don’t: Streite nicht darüber, wohin der Käse beim Raclette gehört

Raclette ist eine urschweizerische Angelegenheit. So lecker das Gericht ist, so ernst wird es auch genommen. Kein Tourist sollte die Schweiz wieder verlassen, ohne diese ans Göttliche gemahnende Schweizer Spezialität gekostet zu haben! Was du dabei aber unbedingt vermeiden musst, ist die Frage, ob du den Käse auf oder neben die Kartoffeln geben sollst. Denn das wird eine hitzige Debatte auslösen, die du in dieser Form in der Schweiz sonst selten erlebst.

Gerüchtehalber soll der Streit darüber, ob der Käse auf oder neben die Kartoffel gehört, Kriege ausgelöst und ganze Familien entzweit haben. Das sind aber, wie gesagt, nur Gerüchte …

Ich lehne mich jetzt wagemutig ganz weit aus dem Fenster und behaupte, dass zum ursprünglichen Raclette gar keine Kartoffeln gehörten! Laut den Geschichtsbüchern überreichte nämlich der spanische Monarch Philipp II. im Jahre 1565 Papst Pius IV. Kartoffelpflanzen als königliche Gabe. Von dort brachten Schweizergardisten die ersten Kartoffeln 1590 in die Schweiz. Zunächst wuchsen sie in Glarus, später auch im Botanischen Garten von Basel, wo die Pflanzen aufgrund ihrer schönen Blüten geschätzt wurden. Es hat also ganz schön lange gedauert, bis die Kartoffel in der Schweiz heimisch wurde – Raclette hingegen wurde schon viel früher gefuttert:

»Der Name ›Raclette‹ stammt vom französischen Walliserdialektwort (Patois) ›racler‹, das schaben heißt, da die an der Feuerglut gegrillte und geräucherte obere Schicht des halben Käselaibes mit einem Messer auf einen Teller oder ein Stück Brot abgeschabt wurde. Mit ihm wurde ab 1874 im Schweizer Kanton Wallis offiziell der entsprechende Käse benannt. Im Jahr 1909 wurde Raclette anlässlich der kantonalen industriellen Ausstellung (Exposition cantonale industrielle) der Walliser Kantonshauptstadt Sitten als ›nationales Walliser Gericht‹ einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Erste Hinweise auf einen Vorläufer des späteren Raclette du Valais stammen aus dem vierten vorchristlichen Jahrhundert. Die von Historikern in Walliser Quellen vom Ende des Mittelalters identifizierten Käsesorten sind als Vorformen des Walliser Raclettes zu sehen. 1291 berichten mittelalterliche Klosterhandschriften aus den Kantonen Obwalden und Nidwalden von einem Bratkäse namens ›Bratchäs‹ als einer besonders nahrhaften Speise der Alphirten. Die ältesten noch erhaltenen Dokumente, die Käseschmelzen im Wallis beschreiben, gehen auf das Jahr 1574 zurück.«

Wikipedia

Darauf möge sich jetzt jeder seinen eigenen Reim machen. Das Thema Raclettekäse ist auf jeden Fall eine Angelegenheit zum Dahinschmelzen und liegt mir so sehr am Herzen, dass ich dem Ganzen in Kürze einen gesonderten Beitrag widmen werde. Und wer sich dafür interessiert, wie die Kartoffel auf den Schweizer Tisch kam, dem empfehle ich einen Blick auf den Artikel »Die Kartoffel« im Blog des Schweizerischen Nationalmuseums.

13. Do: Genieße die Schweizer Spezialitäten

Nur wenig finde ich beim Thema Reisen schlimmer, als wenn deutsche Touristen am Urlaubsort nach deutschem Essen verlangen. Das ist so … Stillos? Borniert? Paradox? Auf jeden Fall nicht besonders pfiffig. Denn schließlich bietet jede Region besondere Spezialitäten, die es zu entdecken und zu genießen gilt. Die Schweiz bildet da keine Ausnahme!

Neben mehr als 450 schmackhaften Käsesorten warten alle nur vorstellbaren und unvorstellbaren Schokoladenvariationen auf dich. Oder mit anderen Worten: In der Schweiz gibt es die köstlichste Schokolade der Welt! Tut mir von Herzen leid, liebe Belgier, aber da könnt ihr nicht mithalten. Und damit sind wir auch schon beim nächsten Punkt:

14. Don’t: Denke nicht, dass die Schweiz kulinarisch nur Käse und Schokolade zu bieten hat

Sicher, Käse und Schokolade sind neben Raclette und Fondue sicher die ersten Dinge, die dir kulinarisch in den Sinn kommen, wenn du an die Schweiz denkst. Aber die Eidgenossen haben noch so viel mehr Gaumenfreuden zu bieten! Bircher Müsli zum Frühstück, Bündner Maluns, Trinser Birnenravioli oder Glarner Zögglä zum Mittag und Salée Sucrée mit einem guten Glas Wein zum Abendessen – mit Schweizer Gerichten könnte ich ein eigenes Blog füttern! Und dabei habe ich die Vielfalt der Gipfeli noch gar nicht erwähnt … Gipfeli sind der Gipfel des Genusses!

Gut zu wissen: In vielen Ferienhäusern in der Schweiz findest du Sets für Fondue und/oder Raclette, sodass du für diese Leckereien nach einem langen Tag am See oder in den Bergen nicht einmal aus dem Haus gehen musst.

Wer gut isst, sollte auch gut trinken. In der Schweiz gibt es wunderbare Weine, die du sonst nirgendwo anders bekommst. Bierfreunde genießen vielleicht ein Quöllfrisch Bier aus dem Appenzell. Und wer keinen Alkohol mag, greift zu einem feinen Flauder, frischem Apfelmost (Möhl hat den besten!) oder einem Rivella.

15. Do: Trinke Schweizer Trinkwasser

Das Schweizer Trinkwasser gehört zu den besten und saubersten der Welt. Es lohnt sich also, immer eine auffüllbare Flasche dabei zu haben, die du überall mit Leitungswasser oder an einem der zahlreichen öffentlichen Brunnen wieder auffüllen kannst. Im Gebirge findest du sogar Quellen mit köstlichem Quellwasser – dein eigenes Wasser frisch aus der Natur zu schöpfen ist ein unvergleichliches Erlebnis. Und es schont gleichermaßen die Reisekasse und die Umwelt!

16. Don’t: Kaufe keine Getränke am Bahnhof

Vorsicht, Preisfalle! Sollte es doch einmal passieren, dass dein Durst zu groß war und du deine Wasserflasche weit weg vom nächsten Brunnen geleert hast, gelüstet es dich vielleicht nach einer flüssigen Erfrischung vom Kiosk oder Takeaway. Dieser Lust kannst du natürlich gern nachgeben – zum Dreifachen des handelsüblichen Preises.

Gewitzter aber ist es, einmal ums Eck zu lugen. Denn du findest du an jedem größeren Bahnhof einen Migrolino oder Coop Pronto (oft sogar beide), wo du Getränke und mehr zum regulären Preis bekommst. Tipp: Es lohnt sich auch für Camper und Ferienhausbewohner auf dem Lande, nach diesen gut bestückten Mini-Supermärkten Ausschau zu halten, da diese ein besseres und günstigeres Sortiment aufweisen als das Lädeli auf dem Campingplatz oder die »Tankstelle um die Ecke« und zudem auch noch mit verlängerten Öffnungszeiten punkten können.

17. Do: Plane genug Budget ein

Die Schweiz gilt als eines der teuersten Länder Europas. Wenn du mich fragst, ob das der Wahrheit entspricht, antworte ich mit einem klaren »Jein«. Statistiker irren selten, sodass diese Behauptung auf Länderebene sicher zutrifft. Wer aber schon in London, Paris oder Madrid, in München, Berlin oder Düsseldorf gewohnt hat, kann angesichts der hiesigen Preiskultur nur entspannt mit den Achseln zucken. Mieten zum Beispiel sind hier vergleichsweise günstig.

Hotels allerdings sind teurer als in vielen anderen Ländern. Hier empfiehlt es sich, Freunde in der Schweiz zu haben oder nach einer anderen Privatunterkunft via Airbnb und Co. Ausschau zu halten. Ferienhäuser sind auch eine tolle Möglichkeit, Land und Leute kennenzulernen. Oder du gehst unter die Camper – immer ein lohnenswertes Abenteuer.

Wenn du Pizza oder anderes Fast Food essen möchtest, solltest du es lieber bleiben lassen. 20, 30 oder mehr Franken für eine Pizza sind keine Seltenheit. Markus hat in Nyon mal über 40 Franken für eine Pizza auf den Tisch blättern müssen. Die war allerdings auch mit Lachs belegt und laut seiner Aussage »ein Gedicht aus dem Holzofen«. Ansonsten rate ich eher zu landestypischen Gerichten, die aufgrund der hohen Lebensmittelqualität in der Schweiz (oft bio, aber zumindest regional) jeden einzelnen Rappen wert sind. Qualität kostet, doch du schmeckst sie auch!

Der Schweizer ÖV ist ebenfalls recht kostenintensiv, wenn du kein Generalabonnement (GA) oder Halbtax der SBB hast, was als Tourist wohl kaum der Fall sein dürfte. Aber es gibt eine ganze Reihe von Sparmöglichkeiten wie den Swiss Travel Pass, die ich an anderer Stelle noch gesondert vorstellen und aufdröseln werde.

Gewusst wie, lauten in der Schweiz die Zauberworte! Wer sich ein bisschen auskennt, kann kostenlos mit dem Schiff und der Seilbahn fahren oder sogar ins Museum gehen. Die hervorragend organisierten Tourismusinformationen der einzelnen Kantone und Regionen helfen dir bei Fragen gern weiter.

18. Don’t: Sprich nicht über Geld

Über Geld zu sprechen ist in der Schweiz tabu. Ebensowenig solltest du auf dem Markt oder im Restaurant um Franken und Rappen feilschen. Ich erinnere mich gut an den Fremdschämmoment, als eine deutsche Freundin mitten in der Migros ziemlich laut sagte: »Das ist aber teuer!« (War es übrigens nicht, es kam ihr nur so vor, weil sie falsch umgerechnet hatte.) Die Blicke der Umstehenden werde ich nicht so schnell vergessen … Es gibt Kulturen, in denen jeder weiß, was seine Freunde verdienen und besitzen. Hier ist das nicht so. Über Geld spricht man nicht, man hat es. Solltest du also auf eine Party eingeladen sein, ist die Frage »Und, was verdienst du so?« kein gelungener Gesprächseinstieg.

19. Do: Gönne dir für die Schweiz genug Zeit

Es soll Gäste aus dem nahen und fernen Ausland geben, die denken, dass sie die Schweiz in drei Tagen entdecken (und verstehen) können. Dem ist nicht so. Zugegeben, die Schweiz ist klein. Sehr klein sogar. Rein rechnerisch würde sie 8,5 Mal in Deutschland hineinpassen. Doch wenn du denkst, dass du dir in nur wenigen Tagen alles ansehen kannst, was es hier an Sehenswertem zu sehen gibt, irrst du dich gewaltig! Eine Woche ist das absolute Minimum.

Zunächst einmal besteht die Schweiz aus 26 Kantonen. Jeder für sich ist ein Erlebnis, jeder einzelne einen Besuch wert. Dabei sind Landschaft, Kultur und Klima so abwechslungsreich und vielfältig, wie du es dir nur wünschen kannst! Nimm dir also ausreichend Zeit für deine Reise in die Schweiz und suche dir entweder eine Region aus, die du nach und nach erkunden kannst oder entscheide dich für eine ausgeklügelte Reiseroute mit deinen persönlichen Schweizer Sehnsuchtsorten.

Mein großer Traum ist es, endlich die Grand Train Tour of Switzerland in Angriff zu nehmen. Diese Tour vereint auf 1 280 Zugkilometern die schönsten Panoramastrecken zu einer einmaligen Route. Es gibt keine festgelegte Richtung oder Dauer, du kannst ein- und aussteigen, wo und wie es dir gefällt. Ob in Zermatt oder St. Moritz, im Tessin oder Lavaux, am Rheinfall oder Vierwaldstättersee. Perfekt für eine Bähnli-Fahrerin wie mich! Vielleicht ja auch eine Idee für dich?

20. Don’t: Komme nicht mit dem Auto (fahre lieber mit dem Zug)

Es gibt viele Gründe, warum es sich lohnt, dein Auto stehen zu lassen und die Schweiz lieber mit dem Zug zu erkunden. Züge sind zuverlässig, komfortabel und schnell und verbinden bequem alle Teile des Landes miteinander. Die Pünktlichkeit der Schweizer Züge ist überdies legendär. Wenn du mit dem Zug reist, sparst du dir außerdem die Kosten fürs Tanken, die schweizerische Autobahnvignette (aktuell: 40,00 Franken) und allfällige Parkgebühren.

Stressfreier sind Reisen mit dem Zug sowieso. Vor allem, wenn du weißt, wie teuer Geschwindigkeitsübertretungen in der Schweiz werden können. Je nachdem, ob du in der Ortschaft, auf der Landstraße oder der Autobahn zu schnell unterwegs bist, können schon mal leicht 250 Franken Strafe anfallen, die hier »Busse« genannt wird. Bei hohen Übertretungen droht sogar die Gefängnishaft! Und selbst bei schlichtem Falschparken musst du mit einem Knöllchen in Höhe von 60 Franken rechnen. Hast du dazu noch ein Nummernschild, das dich eindeutig als Tourist im Lande ausweist, bekommst du das Knöllchen nicht etwa mit der Post. Oh, nein! Du darfst persönlich zum örtlichen Polizeirevier fahren und deine Strafe bezahlen. Möge das allen Rasern und Falschparkern eine Lehre sein!

Du siehst: Was viele Autofahrer aus Deutschland zum Brummeln bringt, gefällt mir sehr. Hier halten sich die meisten Autofahrer nämlich ans geltende Verkehrsrecht. Noch nie habe ich mich im Straßenverkehr so sicher gefühlt wie hier in der Schweiz. Aber das ist ein anderes Thema, auf das ich bei Gelegenheit näher eingehen werde.

Sissis Resümee

Selbstverständlich solltest du all diese Dos and Don’ts mit einem Augenzwinkern betrachten. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel und »den Schweizer« oder »den Deutschen« gibt es ohnehin nicht. Wichtig im interkulturellen Dialog sind die Bilder, die jeder von uns über den anderen im Kopf hat und die Bereitschaft, diese Bilder zu hinterfragen – ebenso wie der aufrichtige Wunsch, deinem Gegenüber mit freundlicher Neugier, Offenheit und Respekt zu begegnen.

Ich für meinen Teil mag die Schweizer und ich liebe die Schweiz! Ich denke, das liest du zwischen den Zeilen deutlich heraus. Auch, wenn ich nach knapp zwei Jahren ganz sicher noch keine »Schweizkennerin« bin, so fühle ich mich hier doch inzwischen daheim. Beim Schreiben dieser Zeilen habe ich dem Gesang der Vögel und dem Klingen der Kuhglocken gelauscht und bei jedem Aufblicken in der Ferne die Berge bewundert. Klingt das nach einem Klischee? Mag sein, aber ich lebe und liebe es. Jeden einzelnen Tag, jede Stunde, jede Minute. Kuhglocken inklusive.

Unsere Lebensqualität ist mit dem Umzug in die Schweiz massiv gestiegen. Eine Lebensqualität, die der traumhaften Natur, der kulturellen Vielfalt und einer allgemein spürbaren Entschleunigung zu verdanken ist. Und eine Lebensqualität, die auch du in vollen Zügen genießen kannst, wenn du die schöne Schweiz besuchst und einige ungeschriebene Gesetze und kulturelle Eigenheiten beherzigst. Damit auch du ein Teil der #swisskissed-Community bist.

XOXO

Sissi

[Redaktioneller Hinweis: Dieser Beitrag ging als Teil der Serie #swisskissed am 8. Mai 2023 in der Beta-Version online und wird laufend ergänzt und erweitert. Artikelbild (Berninapass): Alessandro Prato.]