Bienenhaltung – alles andere als easy
Bienenhaltung ist eine wunderbare und gleichzeitig nützliche Freizeitbeschäftigung. Für manche ist sie nicht nur Berufung, sondern sogar Beruf. Und nach Jahrzehnten der Talfahrt liegt die Imkerei seit nunmehr zwölf Jahren voll im Trend.
Aufmerksamkeit erlangt das medial stets präsente Bienensterben besonders bei jenen Menschen, die nach einer sinnerfüllenden Beschäftigung in und mit der Natur suchen. Der Einstieg in die Imkerei bietet sich hier für viele geradezu an, um im Natur- und Insektenschutz aktiv zu werden. Doch ganz so einfach, wie viele denken, ist die Sache nicht.
Bienenhaltung ist rechtlich geregelt
Rechtlich wird die Bienenhaltung der Nutztierhaltung zugeordnet. Man ist also Tierhalter und übernimmt entsprechend Verantwortung, sowohl für die beliebten und emsigen Stachelträger als auch für die Umwelt, in der diese gehalten werden. Zur Pflicht jedes Imkers gehört – nicht nur in Deutschland – die Meldung der Bienenvölker beim zuständigen Veterinäramt. Wird Honig gewonnen und verkauft, so ist man sogar Lebensmittelunternehmer.
Markt und Medien haben längst erkannt, dass das Interesse an der Bienenhaltung hierzulande sehr groß ist. Damit bieten sich Neueinsteigern bedauerlicherweise eine Vielzahl an fehlerhaften Berichten zur Bienenhaltung und unterschiedlichste Angebote zum Erwerb von Bienenbehausungen und Handwerkszeug. Oftmals suggerieren diese, dass Imkerei mit den entsprechenden Gerätschaften und Online-Tutorials via Internet ganz einfach, ohne weitere Praxiskenntnisse und Ausbildung, ganz »nebenbei« funktioniert. Ein bedauerlicher Trugschluss, wie nicht nur ich finde.
Auch Einzelhandelsunternehmen, weit weg vom Imkereifachhandel, springen auf diesen Zug auf und vertreiben mittlerweile online Imkereizubehör ohne jegliche fachliche Beratung und im Glauben, damit einen wichtigen Beitrag für die Natur zu leisten.
Kritik an der Bienenhaltung für »jedermann«
Der Präsident des Deutschen Imkerbundes e. V. (D.I.B.), Torsten Ellmann, verurteilt diese Einstiegsangebote und fehlerbehafteten Berichte aufs Schärfste:
»Um Bienenvölkern eine ausreichende Gesundheitsfürsorge zukommen zu lassen und so dafür zu sorgen, dass es ihnen dauerhaft gut geht, sind umfangreiche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten erforderlich. In unserer aufgeräumten und teils ausgeräumten Kulturlandschaft können diese heute nicht dauerhaft ohne die Fürsorge des Imkers überleben. Ursache dafür sind fehlende Habitate, Nahrungsmangel sowie eingeschleppte Krankheitserreger und Parasiten. Wer behauptet, dass Imkerei zum Beispiel ohne direkten Kontakt zu Bienen und ohne entsprechende fachliche Expertise machbar ist, handelt fahrlässig und rechtswidrig.«
Torsten Ellmann klärt auf, dass Schulungs- und Beratungsangebote der Bieneninstitute, der staatlichen Fachberater sowie der D.I.B.-Mitgliedsverbände das erforderliche Fachwissen anbieten, um in der Freizeit Bienen zu betreuen:
»Die Experten vor Ort haben, an die jeweilige Region angepasste Schulungskonzepte erarbeitet, nach denen in Theorie und Praxis ausgebildet wird. Nur so geschulte Neueinsteiger sind in der Lage, mit guter imkerlicher Praxis Bienen sach- und fachgerecht zu betreuen. Dazu muss man kein Berufsimker werden. Gerade am Anfang ist es besonders wichtig, sich mit anderen Fachkundigen in den Vereinen auszutauschen und von anderen zu lernen. Wer dazu nicht bereit ist, sollte sich keine Bienen anschaffen. Dies ist ethisch falsch verstandenes Naturbewusstsein.«
»Bienenführerschein« ist Humbug
Der von Berufsimkern immer wieder ins Gespräch gebrachte Bienenhaltungsschein für Freizeitimker, analog des Angel- oder Jagdscheins, sei nicht zielführend, so Ellmann: »Es besteht kein Zweifel daran, dass eine weitere Zunahme an nicht ausgebildeten Trend-Bienenhaltern zu unterbinden ist. Dies funktioniert aber nur mit einem adäquaten Schulungsangebot. Dafür haben die D.I.B.-organisierten Verbände zusammen mit den Bieneninstituten über viele Jahre die Grundlagen geschaffen. Wir sehen uns auch heute, gemeinsam mit unseren Gliederungen im Verband in der Verantwortung, aufzuklären und Interessierten entsprechende attraktive Informations- und Schulungsangebote zu bieten.«
Ellmann befürchtet, dass eine rechtliche Verankerung der Sachkunde, die in einem Bienenhaltungsschein mündet, unnötig weitere Bürokratie aufbaut und bei den zuständigen Behörden die bereits begrenzten Ressourcen bindet. Zudem degradiere die Forderung nach einem Bienenhaltungsschein die große Mehrheit der Imkerschaft in Deutschland, die im Freizeitbereich tätig ist, über einen immensen Erfahrungsschatz verfügt und die nötigen Fachkenntnisse im Ehrenamt vermittelt.
Der Verbandspräsident appelliert deshalb: »Jeder, der Bienen helfen möchte, muss nicht zwangsläufig imkern. Aber jeder, der sich dafür entscheidet, muss sich an klare gesetzliche Regeln und die gute fachliche Praxis halten und ist herzlich willkommen. Wir als Dachverband bieten zusammen mit unseren Mitgliedsverbänden und deren Ortsvereinen die erforderliche Unterstützung – bundesweit.«
Sissis Resümee
Als angehende Imkerin beschäftige ich mich sehr intensiv mit der einschlägigen Fachliteratur, habe unserem Stadtimker über die Schulter geguckt und wollte eigentlich schon im letzten Jahr einen Imkerkurs besuchen. Doch dann kam Corona und nichts mehr war so wie zuvor. Zusammen mit einer Freundin habe ich mir dann den einen oder anderen meist völlig überteuerten Online-Kurs von »erfahrenen Berufsimkern« angesehen und schnell festgestellt, dass ich dabei nichts lernen kann, was ich mir nicht auch über das Studium von Fachbüchern und dem parallelen Ansehen von seriösen YouTube-Videos aneignen kann.
Das war eine sehr ernüchternde Erfahrung. Sei es, weil die Ausbilder schlicht nicht über genügend pädagogisches Fachwissen verfügen, um ihr sicher vorhandenes Expertenwissen gut didaktisch aufbereitet vermitteln zu können, sei es, weil sich ein paar »pfiffige« Gemüter wohl schlicht gedacht haben, dass mit solchen Kursen gutes Geld zu verdienen ist. Das Ergebnis war (geld-)vernichtend und so schnell werde ich wohl keine entsprechende Online-Schulung mehr buchen.
Ausnahmen bestätigen die Regel!
Eine rühmliche Ausnahme möchte ich allerdings erwähnen: die → Prof. Ludwig Armbruster Imkerschule von Imkermeister Jürgen Binder. Seit März 2020 veranstaltet die Imkerschule online Kurse für Einsteiger, Anfänger und Fortgeschrittene. Alle Schulungen widmen sich – mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten – dem ökologischen Imkern im angepassten Brutraum. Eher zufällig bin ich beim Stöbern zu Bienenthemen auf ein kostenloses Webinar von Jürgen gestoßen und war auf Anhieb begeistert von seiner Fachkompetenz und seiner freundlichen, humorvollen Art.
Sicher gibt es auch noch andere Positivbeispiele. Aber das Webinar hat mir ausnehmend gut gefallen und sollte es pandemiebedingt nicht möglich sein, nach unserem Umzug in die Schweiz einen Imkerkurs vor Ort zu besuchen, werde ich mir ganz sicher Jürgens Einsteigerkurs in die Imkerei gönnen. Dieser bietet nicht nur Grundkenntnisse zur wesensgemäßen Betreuung und Pflege der Bienenvölker, sondern hinterfragt auch bewusst die eigene Motivation zur Honigbienenhaltung. Insgesamt fühle ich mich also bei Jürgen und seinem Team sehr gut aufgehoben.
In der Schweiz ist alles anders, oder?
Wie in Deutschland, ist eine Imkerausbildung in der Schweiz nicht gesetzlich vorgeschrieben, wird aber dringend empfohlen. Der Besuch der Imkerschulung von → BienenSchweiz besteht aus 18 Halbtagen, verteilt auf zwei Jahre. Der Kurs geht mit einem Richtpreis von 950 bis 1 250 Franken richtig ins Geld, wird aber immerhin mit einem Diplom abgeschlossen und beinhaltet wertvolles Lehrmaterial sowie einen Gutschein für die erste Betriebskontrolle für das Honig-Qualitätssiegel → apisuisse.
Wer nicht ganz so hoch hinaus will, dem sei ein Grundkurs im örtlichen Bienenverein empfohlen. Dieser kostet zwischen 230 und 350 Franken und befähigt zum eigenständigen Imkern. Das ist wohl der Weg, den ich vorerst beschreiten werde, zusammen mit der Mitgliedschaft im Imkerverein unseres Dorfes. Gerade die persönliche Ansprache ist mir wichtig, denn bestimmte verpflichtende Aufgaben wie beispielsweise das Schützen der Bienen vor Varroa-Milben, möchte ich die ersten Male nicht allein erfüllen – es gibt einfach Dinge, die man nicht aus Büchern lernen kann!
Auch, wenn ich noch lange keine Bienenexpertin bin, so habe ich eines doch schon verstanden: Es macht keine Sinn, einfach »draufloszuimkern«. Wer bienengerecht imkern möchte, kommt um die Mitgliedschaft in einem Imkerverein und eine solide Grundschulung nicht herum – und das ist auch gut so. Mehr Informationen findest du für Deutschland beim → Deutschen Imkerbund, in Österreich beim → Österreichischen Imkerbund und in der Schweiz bei → BienenSchweiz. Und wer schlau ist, macht sich bei allen drei Verbänden kundig, denn über Bienen kann der Mensch nie genug lernen.
XOXO
Sissi
[Quelle: → Deutscher Imkerbund und eigene erste Schritte auf dem Weg zum Imkern. Artikelbild: Meggyn Pomerleau.]