Die Alpen-Smaragdlibelle ist Libelle des Jahres 2023
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Gesellschaft der deutschsprachigen Odonatologen (Libellenkundler) haben die Alpen-Smaragdlibelle (Somatochlora alpestris) zur Libelle des Jahres 2023 gekürt. Die Alpen-Smaragdlibelle ist eine in ganz Deutschland seltene Großlibelle. Sie zählt zu den Verliererinnen des Klimawandels und ist vom Aussterben bedroht.
Diese Art ist nicht einfach zu bestimmen und wird aufgrund ihrer Seltenheit und der Unzugänglichkeit ihrer Lebensräume auch nicht häufig beobachtet. Anhand der Kopfzeichnung, Merkmalen im Flügelgeäder und der Form der Hinterleibsanhänge beim Männchen und des Legeapparates beim Weibchen kann die Alpen-Smaragdlibelle von ähnlichen verwandten Arten wie zum Beispiel der Arktischen Smaragdlibelle (Somatochlora arctica) unterschieden werden./p>
Verbreitungsgebiet der Alpen-Smaragdlibelle
Die Alpen-Smaragdlibelle hat ein über den Polarkreis nach Norden reichendes Verbreitungsgebiet, das von Norwegen über Sibirien bis in den Norden Japans im Osten reicht. In Deutschland kommt diese »kälteliebende« Art nur in Lagen über 750 Meter Meereshöhe im Harz, Thüringer Wald, Erzgebirge, Fichtelgebirge, Bayerischem Wald und Schwarzwald sowie in den bayerischen Alpen vor.
In den Mittelgebirgen ist die Art nahezu ausschließlich in Zwischen- und Hochmooren anzutreffen. Wesentliche Larvalgewässer sind dort primäre Kleinstgewässer wie Schlenken und Rüllen, aber auch Sekundärgewässer wie angestaute Gräben. Wichtig ist, dass diese Gewässer nicht oder allenfalls kurzzeitig austrocknen. In den höheren Lagen der Alpen werden auch größere Gewässer wie Weiher und Kleinseen besiedelt. Der Lebenszyklus der Art ist mehrjährig. Die kurze Schlupfperiode beginnt in Deutschland im Mai und in hohen Lagen erst im Juni, die Flugzeit dauert außer in den Hochlagen meist nur bis in den August an.
Männliche Alpen-Smaragdlibelle
Bedroht durch den Klimawandel
Die Gefährdungsursachen sind neben der Seltenheit der spezifischen Lebensräume die starken Auswirkungen des Klimawandels auf die Lebensräume der Larven, vor allem deren Austrocknung, Verlandung und eine für die Larven schädliche Temperaturerhöhung. Erschwerend ist die starke Isolation der Vorkommen (vertikal und horizontal, da in den Mittelgebirgen kein Ausweichen nach oben möglich ist). Diese Wirkungen bedingen und verstärken sich gegenseitig und in Kombination mit der ohnehin schon gegebenen Seltenheit besteht daher in den Mittelgebirgen eine sehr große Aussterbewahrscheinlichkeit.
Notwendig zum Schutz und zur Erhaltung dieser nicht direkt durch die FFH-Richtlinie geschützten Art ist ein fortgeführter intensiver Schutz der Lebensräume. Dieser kann aber nur erfolgreich sein, wenn gesamtgesellschaftlich der Klimakrise begegnet wird und die schon längst klar definierten Ziele erreicht werden. Bei der Alpen-Smaragdlibelle wird dies sehr deutlich, da schon angelaufene und zunächst gut funktionierende Maßnahmen zur Verbesserung und Revitalisierung der Moorlebensräume durch die Trockenheit der letzten Jahre konterkariert werden und es unsicher ist, wie diese Habitate sich weiter entwickeln werden.
Frisch geschlüpftes Weibchen der Alpen-Smaragdlibelle
Sissis Resümee
Wie immer beim Lesen und Veröffentlichen solcher Meldungen überkommt mich eine tiefe Traurigkeit. Erst zwei Mal in meinem Leben habe ich die Alpen-Smaragdlibelle in der freien Natur beobachten können – zauberhafte Momente, die viel zu schnell vorübergingen und auch schon etliche Jahre zurückliegen. Ihren Namen erhielt die hübsche, etwa 45 bis 50 Millimeter große Libelle übrigens bei ihrer Entdeckung in der Schweiz, wo sie ausschließlich in höheren Lagen des Alpenraumes vorkommt. Die nördlichen Vorkommen in tieferen Lagen wurden erst später entdeckt.
Oft frage ich mich, wie viele Menschen sich überhaupt ernsthaft für den Schutz der Insektenwelt interessieren. Keine andere Tierklasse hat solch eine beeindruckende Artenvielfalt entwickelt. Und wir alle wissen inzwischen, dass es ohne Insekten kein Leben auf der Erde gäbe: So werden die meisten Wild- und Kulturpflanzen von Insekten bestäubt. Daneben dienen sie Vögeln, Fischen und Reptilien als Nahrung. Doch was tun wir, um den zunehmenden Insektenschwund zu stoppen?
Denke ich an die passiv-aggressiven Aktionen der »Letzten Generation« in diesem Jahr, dann denke ich, dass wir andere Wege brauchen, um auf die Vielfalt der Arten und ihre Bedrohung aufmerksam zu machen. Das Werfen von Lebensmitteln auf Kunst oder der verschwenderische Verbrauch von Klebstoff auf unseren Straßen tragen ganz gewiss nicht dazu bei, Klimawandel und Artensterben aufzuhalten.
Von den rund 80 in Deutschland heimischen → Libellenarten stehen 48 auf der Roten Liste gefährdeter Insekten. Lasst uns darüber sprechen! Aktiver Artenschutz durch dich und mich und die Nachbarn nebenan ist so viel wichtiger als sich medial an irgendwelchen Pappnasen »abzuarbeiten«, die durch ihre ebenso sinn- und ziellosen wie umweltfeindlichen Aktionen dazu beitragen, den Klimawandel zu verschlimmern. Oder mit anderen Worten: Die Alpen-Smaragdlibelle braucht unsere Hilfe. Hier und jetzt. Und die bekommt sie nur durch den Schutz ihrer Lebensräume. Bist du dabei?
XOXO
Sissi
[Quelle: → BUND und eigene Libellenbeobachtungen. Artikelbild (Weibliche Alpen-Smaragdlibelle): Michael Post. Männliche Alpen-Smaragdlibelle und frisch geschlüpftes Weibchen der Alpen-Smaragdlibelle: F. J. Schiel Inula.]