Thronfolgeweg
Nun bin ich also angekommen im Thurgau. Völlig erschöpft vom Umzugsstress und der allgegenwärtigen Sommerhitze, bin ich dennoch fest entschlossen, meine neue Heimat so schnell wie möglich kennenzulernen. Gleich »nebenan« liegen die Gemeinden Birwinken, Erlen, Hohentannen, Kradolf-Schönenberg und Bürglen. Einiges weiß ich darüber schon, ob sie auch touristisch interessant sind, wird noch herauszufinden sein. Sehr vielversprechend scheint mir auf jeden Fall der 45 Kilometer lange Thronfolgeweg zwischen Diessenhofen und Gottlieben zu sein.
Warum das? Nun, ganz einfach: Die Region Untersee und Rhein gehört zu den schönsten und geschichtsträchtigsten Landschaften Europas. Kaiser und Päpste prägten diese Gegend und hinterließen sichtbare Spuren. So einst auch Kaiser Louis Napoléon III., der auf dem Arenenberg großgezogen wurde. Wer träumte noch nie davon, selbst einmal in die Rolle eines Thronfolgers zu schlüpfen? Thurgau Tourismus macht’s möglich! Entlang des Thronfolgeweges laden zwölf individuell gestaltete Rastmöglichkeiten zum Verweilen und Genießen ein. Aufgrund der Länge der gesamten Strecke wird empfohlen, die Strecke in Etappen zurückzulegen. Dies lässt sich auch mit einer → Schifffahrt auf dem Untersee gut kombinieren.
Das Wasserzeichen auf dem schönen Artikelbild von Mégan Ferreira ist übrigens kein Hinweis darauf, dass ich das Buidl irgendwo gemopst habe, sondern das offizielle Logo des Thronfolgeweges. Ich dachte, das solltest du wissen.
Blick auf Triboltingen und den Untersee | Joachim Kohler
Anhalten, Platz nehmen und genießen
An den schönsten Aussichtspunkten der jeweiligen Ortschaften kannst du auf den kaiserlichen Bänkli ausruhen und mit den Augen in die atemberaubende Umgebung eintauchen. Jede Gemeinde hat – teils unter Mitwirken der Bevölkerung, teils durch Vereine – einen oder mehrere individuelle Throne realisiert und lokal produziert.
So thront man beispielsweise in Diessenhofen auf den prächtig geschnitzten Holzbänken von Erwin Möckli direkt am Rheinufer. Oder man kann auf dem Schaukelthron in Mammern auf der Hochwacht einfach mal entspannen und den Alltag vergessen. Sogar lokale Schreiner waren bei der Konzeption und Produktion einzelner Throne dabei. Auch Kunstliebhaber kommen auf ihre Kosten: Die Thurgauer Künstlerin → Veronika Dierauer erschuf in Steckborn am Weissen Felsen eine wellenförmige Chaiselongue, die nicht nur farblich perfekt mit dem See korrespondiert. Die Auswahl der Rastmöglichkeiten ist äußerst vielfältig und deshalb für Jung und Alt, Kulturliebhaber und Naturfreunde die reinste Wanderfreude.
Feudale Erlebnispost
Fotos sind schön, Postkarten sind schöner! Ein guter Grund, an den schönsten Fleckchen auf der Route eine Rast einzulegen. Jeder Thron verfügt über einen QR-Code. Auf diesem Weblink kann kostenlos eine Postkarte versendet werden. In diesem Sinne erhalten auserwählte Thronfolger eine kaiserliche Sendung. Typisch Thurgau eben – diese freundliche Gastlichkeit. Und überhaupt: Ein geteiltes Erlebnis beschert doppelte Freude!
Die Throne auf dem Thronfolgeweg
- Gottlieben: Die Leselounge
Einen der schönsten Dorfplätze der Schweiz im Rundblick und das Literaturhaus Thurgau zur Seite: Die Gottlieber Leselounge lädt ein zum Abtauchen in die bereitliegenden Bücher. Und schon ist der Alltag weit weg … - Triboltingen: Das Tor zum Untersee
Gleich zwei Liegethrone, geschwungen wie der auslaufende Seerhein, am schönsten Platz über dem Wasservogelreservat und Naturschutzgebiet in Ermatingen. - Ermatingen: 270 Grad Panorama
Zwei weitere privilegierte Liegethrone aus Holz sind am Höhenweg über Ermatingen, der Perle vom Untersee, platziert. Ein gar nicht langweiliger Blick von den Alpen über beide Teile des Bodensees bis zu den Hegauer Vulkanen. - Salenstein: Der Sonnenuntergang von Hortense
Exakt in diesem Pavillon beim Schloss Arenenberg genoss die Mutter von Kaiser Napoléon III. fast jeden Tag das Abendrot. Eine Pause im Kaiserreich gefällig? - Berlingen: Wie der Esel am Berg
Um die steilen Weinberge in Berlingen bearbeiten zu können, brauchte es früher Esel zum Misttragen. Heute erinnern die Schnitzereien in der Bank unter der Weide direkt am See an diese Zeiten. - Steckborn: Chillen aufder feudalen Welle
Die wellenartige Form und die Farbe des Throns korrespondieren ausgezeichnet mit dem See. Das ist kein Zufall, denn dieser Thron ermöglicht eine bezaubernde Rundumsicht auf den See und das gegenüberliegende Ufer. - Mammern: Seele und Füße baumeln lassen
Das geht nur auf der von Hollywood inspirierten Schaukelbank. Da lässt es sich sorglos schaukeln und die atemberaubende Aussicht von der Hochwacht genießen. - Eschenz: Der erste 180-Grad-Thron der Geschichte
Oberhalb des Sangis hat man eine Rundsicht vom See über Eschenz bis in den Hegau. Auf diesem Thron lässt es sich in die Steinzeit und natürlich auch in die majestätische Aussicht eintauchen. - Wagenhausen: Stein um Stein
Hier, wo der See zum Rhein wird, sieht man plötzlich das gegenüberliegende Ufer ganz nah. Den Blick in die wilde Natur, während der Fluss vorbeirauscht, lässt viele Träume erwecken. - Diessenhofen 1: Nimm auf dem Hecht Platz
Im Schupfen fordert der Hecht dazu auf, Platz zu nehmen. Das Glitzern des reflektierenden Rheins verleiht den Wow-Effekt. Da fehlt nur noch ein springender Fisch … - Diessenhofen 2: Der Vorleser
Der Künstler Carl Roesch (1884–1979) gab mit seinem berühmten Bild die Inspiration für diesen Thron. Direkt am Rheinquai lädt die Büchernische zum Verweilen ein. Hier entsteht ein gemütliches Miteinander. - Diessenhofen 3: Was machen Pontoniere an Land?
Klare Antwort: Sie genießen die unverbaute Rheinlandschaft, die einen herrlichen Ausblick auf das grüne Ufer zeigt. Ein idealer Ort für bleibende Momente.
Auf dem Höhenweg über Ermatingen | Roland Gerth
Thronen macht müde und Lust zu bleiben
Die Übernachtungsmöglichkeiten im Thurgau sind vielfältig und laden dazu ein, den kaiserlichen Ausflug im Thurgau zu verlängern. Von feudalen Häusern bis zu idyllischen Campingplätzen findet sich auf dieser Route allerhand. Das Hotel Krone in Diessenhofen besticht durch die perfekte Lage direkt am Wasser. Für die Abenteurer unter uns bietet der → Camping Wagenhausen eine spannende Vielfalt an Möglichkeiten. Ob im Wohnwagen, Zelt, oder gar im Zirkuswagen – ein Erlebnis wird garantiert. Dies sind nur einige von vielen Übernachtungsmöglichkeiten. Ebenfalls zu einer Genusspause verlocken die zahlreichen gemütlichen und ausgezeichneten Restaurants auf der Route.
Sissis Resümee
Wie traumhaft die hiesige Landschaft ist, habe ich schon auf der Herfahrt mit Anna gesehen. Gar zu gern hätte ich mein Best Travel Girl (BTG) für ein, zwei Wochen hierbehalten, um gemeinsam mit ihr die Region zu erkunden. Leider zieht sie selbst innerhalb der kommenden Tage um und musste daher wieder zurück in den hohen Norden.
Also bleibt mir nichts anderes übrig, als den Thurgau allein zu entdecken. Das heißt, soweit meine Zeit es zulässt. Nach all dem Einpacken winkt nun erst einmal das Auspacken und ich fürchte, bis der letzte Umzugskarton ausgeräumt ist, wird noch viel Wasser die Thur hinunterfließen. Aber der eine oder andere Ausflug in die Natur wird drin sein, da bin ich gewiss!
Vielleicht mache ich mir ja eine Bucket List für den Thurgau und setze den Thronfolgeweg mit auf die Liste. Immerhin ist die Strecke 45 Kilometer lang und weist knapp 1 000 Höhenmeter auf – kein Pappenstiel für einen eingerosteten Wandervogel wie mich! Entspannte Wanderer rechnen laut meiner Recherche mit zwölf Stunden für die Route. Menschen wie ich sollten also vermutlich eher sechs bis zwölf Tage dafür veranschlagen und/oder für gewisse Teilstrecken auf Zug und Schiff umsteigen. Mal gucken, die Zeit wird’s zeigen! Ich halte dich auf dem Laufenden.
Wenn nun auch deine Neugier auf den Thronfolgeweg geweckt ist, dann findest du weitere Informationen über die Wanderroute sowie Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten beim → Thurgau Tourismus. Dort kannst du dir auch einen → Flyer mit den Standorten der Bänkli und praktische Karten herunterladen.
XOXO
Sissi
[Quelle: → Thurgau Tourismus und eigene Recherche. Artikelbild: Mégan Ferreira via Thurgau Tourismus.]