Zeitumstellung – Biorhythmus in Balance
Am letzten Oktoberwochenende 2018 ist es wieder soweit: In der Nacht von Samstag auf Sonntag, also vom 27. auf den 28. Oktober, werden EU-weit die Uhren auf die Winterzeit zurückgestellt. Viele freuen sich über die gewonnene Stunde an diesem hoffentlich goldenen Oktoberwochenende – doch derzeit wird wieder heftig über eine Abschaffung der Sommerzeit diskutiert. Viele medizinische Gründe sprechen dafür, die Zeitumstellung aufzugeben, da zahlreiche Menschen unter dem veränderten Biorhythmus leiden. So auch ich.
Alles aus dem Takt …
Unsere innere Uhr steuert nicht nur den Schlaf-Wach-Rhythmus, sondern auch den Stoffwechsel im Körper, die Hormone, den Kreislauf, den Blutdruck und viele weitere, lebenswichtige Prozesse. Personen mit empfindlicher Verdauung leiden besonders unter der Zeitumstellung. Ihnen erleichtern Heilkräutertees das Einschlafen und sorgen für ein gutes Bauchgefühl. Eine kleine Teepause zwischendurch oder vor dem Zubettgehen schafft schöne Rituale im düsteren Herbst.
Schlafmittel haben Hochsaison
Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit zeigte 2017, dass mehr als jeder vierte Erwachsene, nämlich 27 Prozent, bereits gesundheitliche Probleme wegen der Zeitumstellung hatte, vor allem Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Ein- und Durchschlafstörungen wurden genannt. Schlapp und müde fühlen sich sogar 77 Prozent der Befragten. Hochgerechnet greifen drei Millionen Deutsche aufgrund der Zeitumstellung zu → Schlafmitteln und 74 Prozent der Deutschen würden die Zeitumstellung gern ganz abschaffen.
Husch, husch ins Bettchen!?
Nicht nur Erwachsene und Schulkinder tun sich schwer mit der Zeitumstellung, auch Babys und Kleinkinder können auf die erzwungene Umstellung ihres Biorhythmus mit Schlafproblemen oder Appetitlosigkeit reagieren – und das über mehrere Wochen. Laut einer → Umfrage der DAK-Gesundheit ist jedes zweite Kind unter drei Jahren aufgrund der Zeitverschiebung müde, quengelig oder schläft schlecht ein. Die Krankenkasse empfiehlt daher, kleine Kinder möglichst sanft und schrittweise an die Zeitumstellung zu gewöhnen, indem man schon ein paar Tage vorher anfängt, die Schlafzeiten im Zehn-Minuten-Takt anzupassen, den Kindern abends nur leichte Kost anzubieten und sich tagsüber viel im Freien aufzuhalten.
Herbstblues …
Der Tageslichtmangel im Herbst begünstigt leider auch die Entstehung depressiver Verstimmungen. Laut der oben genannten Forsa-Umfrage geben zehn Prozent der Deutschen an, sie litten vor allem nach der Zeitumstellung darunter. Hinzu kommt ein jahreszeitlich bedingter Bewegungsmangel und das Einkuscheln zu Hause: weniger frische Luft und Nahrung, stattdessen lieber fett- und kalorienhaltiges »Wohlfühlfutter«.
Das kann zu Nährstoffmangel oder Übersäuerung führen, welche sich wiederum in Stimmungsschwankungen oder Konzentrationsstörungen manifestieren können. Generell sollte man sich vor allem im Herbst und Winter vitaminreich und ausgewogen ernähren. Bei festgestelltem Mangel können Nahrungsergänzungsmittel wie Zink oder Magnesium helfen, die Zeit besser gelaunt zu überstehen. Auch Tageslichtlampen unterstützen viele Menschen während der Winterzeit mit ihrem angenehmen Licht.
Um gut gelaunt und fit in den Tag zu starten, helfen Wechselduschen und Pflegeprodukte mit stimulierenden ätherischen Ölen wie Zitrus oder Ingwer.
Wissenschaftler begrüßen Abschaffung der Sommerzeit
Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung hat im Auftrag des Bundestages zu Beginn des Jahres eine »Bilanz der Sommerzeit« erstellt. Auf satten 212 Seiten wertete die Wissenschaftseinrichtung bisherige Untersuchungen und selbst in Auftrag gegebene Gutachten aus. Das Fazit: Es gebe »keine belastbaren Hinweise auf ernsthafte positive oder negative energetische, wirtschaftliche oder gesundheitliche Effekte der Sommerzeit«. Oder wie einer der Autoren gegenüber Bundestagsabgeordneten das Ergebnis zusammenfasste »Die Sommerzeit ist relativ überflüssig!« Tja … Dem kann ich nicht so ganz zustimmen, aber dazu in meinem Fazit mehr. Lassen wir zunächst die Wissenschaftler zu Wort kommen!
Die Zeit bleibt, nur die Uhren werden umgestellt
Auch Neurobiologe und Autor Dr. rer. nat. Peter Spork spricht sich im medicalpress-Interview für die Abschaffung der Sommerzeit aus: »Jedes Organ, letztlich sogar jede unserer hundert Billionen Körperzellen, misst für sich die Uhrzeit. Die Aktivität vieler ihrer Gene schwingt im 24-Stunden-Rhythmus auf und nieder. Natürlich müssen all diese Rhythmen gut aufeinander abgestimmt sein. Bringen wir dieses Gefüge durcheinander, erhöht sich das Risiko für nahezu alle Volkskrankheiten, inklusive Diabetes, Herzinfarkt, Schlafstörungen und andere psychische Leiden. Genau deshalb sind solche Krankheiten bei Menschen, die über Jahre hinweg Nacht- und Schichtarbeit leisten, besonders häufig.
Die Zeitumstellung – ich spreche eigentlich lieber von der Uhrenumstellung, denn die Zeit bleibt ja in Wahrheit unverändert und wir stehen nur eine Stunde früher auf – bringt dieses System auf den ersten Blick nur kurzfristig etwas durcheinander, was im Allgemeinen nicht besonders schlimm ist. Es macht uns ja auch nichts aus, nach Portugal oder Griechenland zu reisen, wo die Uhren ebenfalls um eine Stunde anders gehen.
Doch auf den zweiten Blick bemerkt man das eigentliche Problem der Uhrenumstellung: Sie vergrößert für die allermeisten von uns über sieben Monate hinweg den sozialen Jetlag. Unsere inneren Uhren richten sich nämlich nach dem Lauf der Sonne, nicht nach dem Wecker. Und anders als bei der Reise nach Griechenland geht die Sonne ja nicht plötzlich eine Stunde früher auf und unter, wenn wir zwar die Uhren umstellen, ansonsten aber vor Ort bleiben. Plötzlich bekommen wir abends sehr viel mehr Tageslicht ab. Das gefällt vielen – mir auch –, aber es lässt uns abends später müde und morgens später wach werden. Der Wecker nimmt darauf jedoch keine Rücksicht, so dass wir insgesamt noch weniger schlafen als während der Normalzeit – und das sieben Monate lang. Es ist also die logische Konsequenz, für die Abschaffung der so genannten Sommerzeit einzutreten. Eine Abschaffung der Normalzeit, wie sie manche Politiker fordern, wäre hingegen noch viel schlimmer als der jetzige Zustand.«
Sissis Resümee
Die Zeitumstellung geht mir bereits seit den wilden Achtzigern gewaltig auf den Keks. Denn bedauerlicherweise gehöre auch ich zu den Zeitgenossen, die damit so ihre Probleme haben. Nicht etwa, weil ich mir nicht merken kann, wann ich die Zeiger vor- bzw. zurückstellen muss. Das schaffe ich gerade noch. Kicher … Doch es ärgert mich, dass der Gesamtenergieverbrauch seit der Einführung der Sommerzeit eher gestiegen als gesunken ist. Und das war seinerzeit schließlich das Killerargument, um uns allen die Sommerzeit aufzuschwatzen: Energieeinsparung. Inzwischen wissen wir längst, dass die Nummer nicht funktioniert.
Außerdem brauche ich im Regelfall Wochen, bevor ich meinen Biorhythmus wieder einigermaßen in Balance bekomme. Meist leide ich sogar bis zum Ende des Sommers am umstellungsbedingten → Jetlag. Und gerade, wenn ich mich halbwegs an die Sommerzeit gewöhnt habe, müssen wir schon wieder auf die Winterzeit umstellen. Was soll der Quatsch? Es gibt also »keine belastbaren Hinweise auf ernsthafte positive oder negative (…) gesundheitliche Effekte der Sommerzeit«? Ha, dass ich nicht lache! Mein Körper erzählt da ganz andere Geschichten. Und auch die DAK-/Forsa-Studie spricht eine beredte Sprache.
Abschaffen möchte ich die Sommerzeit dennoch nicht. Ich halte es da lieber mit ZEIT-ONLINE-Rdakteurin Dagny Lüdemann und wünsche mir die → ganzjährige Sommerzeit. Endless Summer? Yes! Denn wie Dagny denke ich, dass es vollkommen egal ist, wann wir uns im Winter im Dunkeln aus dem Bett quälen. Hauptsache, wir können am Nachmittag nach Schule, Uni oder Job eine Stunde länger das Tageslicht genießen. So habe ich das auch bei der → Umfrage der EU-Kommission zur Abschaffung der Zeitumstellung angegeben. Bis zum 16. August 2018 können alle EU-Bürger ihre Meinung zu diesem Thema in ihrer jeweiligen Muttersprache kundtun und so ein europaweites Bild über die Stimmung zur bisherigen Regelung zeichnen.
Wie stehst du zur Zeitumstellung?
XOXO
Sissi
[Quelle: → medicalpress und eigene unausgeschlafene Recherche. Artikelbild: Adriano de Gironimo.]